Schlösser-Herbst und Küche – Wenn der Adel kocht
Es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird …
Kochen ist angesagt! Vor allem im Herbst, wenn der Gemüsegarten vor dem Winterschlaf seine vorletzte Ernte bietet, wir das erste Kaminfeuer anzünden und uns Zeit für aufwendigere Genüsse nehmen. Die Tafel ist nicht mehr unter den Linden für die Grossfamilie und Freunde eingedeckt. Aber das Glas in der Provence oder Normandie können wir noch immer auf ihr – und unser Wohl – erheben. Kochen und Essen sind Leidenschaften, die viele Menschen gleich welcher Herkunft teilen. In Frankreich ist das Essen bzw. Menü à la française bereits Immaterielles Unesco-Kulturgut geworden. Den Antrag stellte ex-Präsident Nicolas Sarkozy für sein mit Spezialitäten gesegnetes Land. Zu recht sah er hier seine gastro-politische Chance. Denn ließ nicht schon die Hofküche Ludwig XIV. in ihrer Ausgesuchtheit andere Königshöfe erblassen?
Auch der Adel ließ kochen, kochte und kocht seit Jahrhunderten mit unverhohlener Leidenschaft. Er sammelt(e) Rezepte und Rezepturen, tauscht(e) untereinander hausgemachte Salben und Arzneien. Doch die anstrengende, praktische Ausführung der Rezepte blieb in hochherrschaftlichen Häusern dem zuständigen Personal und Küchenmeister vorbehalten. Selbige standen bei königlichem Besuch und kaiserlichen Empfängen unter unvorstellbarem Druck. Mancher, wie der berühmte Koch Carême im 19. Jh., nahm sich deshalb gar das Leben. Die Messlatte in der Adelsküche hing hoch. Sehr hoch. Denn die Küche war, wie Haus und Wappen, das scharf beäugte Aushängeschild einer ranghohen Familie.
Dies und vieles andere illustrieren die vielen Bücher über die Küche adliger Häuser, die seit gut zehn Jahren den deutschen und französischen Buchmarkt bereichern. Die Adelsküche erlebt eine Länder übergreifende Renaissance! Und da der Herbst, wie Winter und Sommer, zum Schmökern und Ausprobieren einlädt, stellt MoNo Ihnen eine kleine Bibliothek adeliger Genüsse zusammen.
Da ist zunächst „Eine Kurfürstin in der Küche“. Autorin Regina Röhner (Verlag für die Frau, 2. Aufl. 2013) beschreibt anschaulich und fundiert wie sich die gute „Landesmutter Anna“ von Sachsen (1532-1585), eine tatkräftige, an Politik, Land- und Forstwirtschaft rege interessierte Ehefrau und fünfzehnfache Mutter auch versiert in der Küche bewegt. 1553 liess sie sich ein Laboratorium im Dresdner Schloss einrichten. Mit Leibärzten und Kräutern aus dem eigenem Küchen- und Apothekergarten erstellte sie Rezepte, die sie an adelige Schwägerinnen verschickte. Ranghoch angesiedelt gelangte sie per Korrespondenz auch an Geheimrezepturen, etwa jene des Aqua Vitae der Gräfin Dorothea v. Mansfeld-Vorderort. Auch seltene und deshalb teure Pflanzen konnte sie sich dank der Hofschatulle besorgen. Aber klug holte sich die Kurfürstin auch Rat beim Volk, bei Schäfern und Kräuterfrauen. Die Essenz der Speisen war ihr in jeder Hinsicht wichtig. Ihren Mann, August von Sachsen, schützte sie mittels besonderer Rezepturen vor Vergiftungen. Seine Liebe wiederum bewahrte sie sich durch „auftischen“ seine Lieblingsrezepte. Geschäftstüchtig und experimentierfreudig tauschte sie Zutaten und Speisen der sächsischen Hofküche – etwa den hauseigenen Vorwerkkäse – gegen Exotischeres. Einige der von Regina Röhner ausgewählten Rezepte der Hofküche scheinen erstaunlich einfach und modern. Alle – auch das Kursächsische Sauerkraut , Gute Biscaten und Mandelgescharb – sind leicht nachzukochen. Man muss ja nicht gleich auf die zur Prinzentaufe servierten 92 verschiedene Speisen in vier Gängen à la Anna von Sachsen bestehen. « Die Kurfürstin in der Küche » – ein sinnliches und historisch gut recherchiertes Büchlein für Geist und Magen!
Einen Zeitsprung in die adlige Küche der Gegenwart bietet die Reihe „Fürstliche Menüs“ im Boyens-Verlag. Neugierig und ungeniert blickt Schauspielerin und Moderatorin Marion Kiesewetter dem norddeutschen Adel über die Schulter in den Kochtopf. Schöne Fotos von Michael Holz gestalten die Bildbände über die Tafeln ausgesuchter Familien in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Ein guter, amüsanter Einblick!
In Frankreich spiegelt sich die regionale Schlossküche in der Reihe „La Cuisine des Châteaux“ (Editions Ouest France) wiedr. Ob in den Feinschmeckerregionen Provence und Périgord angesiedelt oder aus der wiesensatten, mit Kühen, Milch und Käse gut bestückten Normandie schöpfend, die von dem speisefreudigen Ehepaar Gilles et Bleuzen du Pontavice angetretene Reise in die steinernen Schlossküchen ist stets eine gekonnt dargestellte historische Zeitreise mit – endlich einmal nicht steril formulierten, streng abgewogenen – Kochanweisungen. Stimmungsvolle Fotos von alten Schlossküchen, edlem Tafelservice und Küchenutensilien machen jedes Buch der Reihe zu einem Augenschmaus.
„Die Marquise bittet zu Tisch“! Auch hier tafelt die Marquise in Frankreich. Gräfin Bettina de Cosnac widmet das Buch ihrer geliebten Grossmama, deren Tafelfreuden die Familie bis hin zu ihren 18 Urenkeln jahrzehntelang beglückte. Das Buch, liebevoll vom Gerstenberg-Verlag im Lay-Out gestaltet und als originelle Menüfolge präsentiert, bietet persönliche Einblicke in die Tafelkunst und Tafelfreuden französischer Adelsfamilien. Nicht immer sind diese Familien mit Geld gesegnet und mit Personal bestückt. Dennoch bleiben sie kreativ und achtungsvoll gegenüber dem Ererbten. Fotos von Estelle de Talhouët-Roy und De Cosnac illustrieren die jeweiligen Anwesen, Familien und Festtagstafeln. Eine unterhaltsame, aber auch nachdenklich stimmende Reise durch Frankreichs Adelsküche(n). Wie Gastrokritiker Jürgen Schmücking im österreichischen Epikur-Journal das Marquise-Buch lobend anmerkt: « Familien und Schlösser sind sorgsam ausgewählt. (…) das Buch ist eine wahre Fundgrube für alte (Rezept-)Klassiker ». Das Augenmerk der Autorin richte sich, so Schmücking, auf « Kulinarik und Lebenskunst ». Beides gehört, so De Cosnac, zur Lebensart.
Bettina de Cosnac, Chefredakteurin MoNo und Buchautorin
La cuisine des châteaux en vogue en aumtone comme en été
En France et en Allemagne, cuisiner est en vogue ! Il s’agit d’ailleurs d’une passion partagée par la plupart des êtres humains quelque soit leur origine. Or, depuis une dizaine d’années, la cuisine des châteaux titille à la fois l’intérêt des éditeurs et du grand public. Car la cuisine était – et reste – un point central dans toute vie de châteaux. Elle en est le ventre, la gueule de représentation presque aussi importante, que les gueules du blason. Nombreuses sont d’ailleurs les comtesses, duchesses et reines qui veillaient personnellement sur la cuisine soit pour impressionner les hôtes, amadouer leurs maris ou empêcher que ceux-ci soient empoisonnés (bon d’accord, certaines étaient des empoisonneuses notoires). Les dames de la société concevaient méticuleusement les menus et échangeaient, entre commentaires politiques et social gossip, même des recettes de cuisine et des recettes pharmaceutiques. Bref, la noblesse avait son mot à dire côté cuisine.
Aussi, l’auteure Regina Röhner dédie-t-elle tout un livre à la vie et l’art culinaire d’Anne de Saxe, « la bonne mère du pays » et épouse d’Auguste de Saxe, surnommé le Fort. Surnom bien mérité, d’ailleurs, vu sa taille et sa force. Anna ou Anne en frnaçais, mère de quinze enfants, était très soucieuse de préserver la santé de sa progéniture. En 1553 elle décide d’installer son laboratoire personnel au château de Dresde pour y créer toute une pharmacopée ensemble avec les médecins de sa cour et en cherchant les fines herbes de son jardin. Ses recettes délicieuses dont la choucroute à la saxonne, les biscuis fins ou les gâteaux aux amandes sont étonnamment modernes et faciles à cuisiner. (Editeur Verlag Neue Frau, Leipzig 2ème éd. 2013) – Dans le même genre, mais dans un registre plus contemporain, l’actrice et présentatrice de télé Marion Kiesewetter s’intéresse à la cuisine des familles nobles de la Basse-Saxe, du Schleswig-Holstein et du nouveau Land Mecklembourg-Poméranie-Occidentale. Un régal familial et régional.
Régional comme la très belle série française « La cuisine des châteaux » du couple Gilles et Bleuzen du Pontavice. Pendant une dizaine d’années, ces gourmands châtelains ont voyagé à travers la France, de la Provence en Normandie, pour dénicher, visiter et goûter à la cuisine des châteaux. Le résultat : un festin photographique, littéraire et culinaire. Un beau cadeau. – Et puis, toujours dans l’observation de la cuisine de la noblesse actuelle, Bettina de Cosnac a dressé le portrait d’une dizaine de familles recevant dans leurs propriétés en France et à leur manière. De belles photos prises par Estelle de Talhouët-Roy et l’auteure illustrent l’histoire des châteaux, l’importance du menu et l’art de recevoir propre à chaque famille. Recevoir reste – comme cuisiner – un art personnel, certes, mais indéniablement influencé par la tradition d’un milieu en général et par les traditions propres à chaque maison. Autrement dit: Bien recevoir est tout un art – cuisiner aussi ! La cuisine de la noblesse reste l’ un des nombreux modèles délicieux et possibles. (MoNo)
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